Kleinspechtportrait

Kleinspecht-Männchen im Gezweig

Maße und Eckdaten

Nicht viele kennen den Kleinspecht, er verhält sich unauffällig und ist daher weniger bekannt als z. B. Buntspecht und Grünspecht.
Doch selbst wer zum ersten Mal den Namen „Kleinspecht“ hört, ahnt, worum es sich bei ihm handelt: Um die kleinste Spechtart Europas – er ist kaum größer als ein Spatz. Vom Schnabel bis zum Schwanz ist der Kleinspecht gerade mal 14-16 cm lang. Bei der Flügelspannweite kommt er auf 25 cm.
Zum Vergleich: Ein Kleinspecht wiegt ca. 20 g – das entspricht zwei Rippen Schokolade.

Männchen (links) und Weibchen (rechts) an der Bruthöhle

Aussehen

Der Kleinspecht ähnelt seinen näheren Verwandten, Bunt- und Mittelspecht. Der Kleinspecht ist zu erkennen an seinem schwarz-weiß gebänderten Rücken, hellen Gesicht und hellen Bauch, oftmals mit dunklen, feinen Streifen oder Sprenkeln. Sein Kopf ist rund, der Schnabel kurz und spitz. Das Männchen hat im Gegensatz zum Weibchen rote Kopffedern auf dem Scheitel. So ist es relativ einfach, die Geschlechter zu unterscheiden.
Anders als seine Verwandten hat der Kleinspecht kein auffällig rotes Unterschwanzgefieder.

Strukturreicher Auwald mit hohem Totholzanteil

Lebensraum

Kleinspechte nutzen abwechslungsreiche Lebensräume: Von Auwäldern über Streuobstwiesen, Ufergehölzen bis hin zu altholzreichen Laub- und Mischwäldern. Man findet sie auch in Parks, Alleen und großen Gärten.
Mit ihrem feinen Schnabel kommen sie nicht durch das harte Holz eines lebenden Baumes, deshalb bevorzugen sie weicheres, morsches Holz. Sie bauen ihre Höhlen gerne in Stämme abgestorbener Birken, Weiden, Buchen und Apfelbäume, nicht selten auch in einen toten Seitenast (HÖNTSCH 2001a).
Dafür, dass der Kleinspecht so klein ist, überfliegt er ein recht großes Gebiet
Durchschnittlich 211 ha, maximal bis zu 500 ha im Winter. Während der Balzzeit verkleinert sich die genutzte Fläche auf etwa 130 ha. In der Brutzeit sammeln die Kleinspechte die insektenreiche Nahrung für ihre Jungvögel in durchschnittlich 27 ha großen Gebieten (HÖNTSCH 2004).

Männchen auf Suche nach im Holz lebenden Insekten

Nahrung

Kleinspechte ernähren sich fast ausschließlich von Insekten und Spinnen. Im Sommer fressen sie am häufigsten Blattläuse, Raupen und Schnaken. Im Winter ernährt sich der Kleinspecht von holzbohrenden Larven (ROSSMANITH et al. 2007). Denn im Gegensatz zu Buntspechten können Kleinspechte nicht auf vegetarische Nahrung umsteigen, was wahrscheinlich der Grund für ihre großen Aktionsräume im Winter ist.

Jungvogel (ca. 19. Nestlingstag) wird vom Männchen gefüttert

Brutbiologie

Die Kleinspechte bauen in der Regel jedes Jahr eine neue Bruthöhle. Das Weibchen legt ab Mitte April bis Mai fünf bis sieben Eier. Nach 10 – 12 Tagen schlüpfen die Jungvögel.
Bei den Kleinspechten sind die Väter bei der Aufzucht der Jungen die Hauptakteure. Zwar füttern und hudern (wärmen) beide Elternteile gemeinsam, aber das Männchen übernimmt den Löwenanteil und schläft auch nachts bei den Jungen. Das Kleinspechtweibchen hat seine eigene Schlafhöhle.
Nach 20 – 22 Tagen fliegen die Jungen aus der Höhle aus, aber verbringen noch einige Wochen im Familienverbund.

Jungvögel in der Bruthöhle

Lautäußerungen

Der Kleinspecht hat eine eher leise Stimme. Am weitesten hörbar ist sein charakteristischer „kikiki…“-Ruf, den man das ganze Jahr über hören kann, im Frühjahr am häufigsten.

Seine Trommelwirbel sind leise und relativ lang, ein gleichmäßiges „brrrrrrr“, erinnert an eine Nähmaschine.

Ab und zu gibt auch ein Kleinspecht mal ein „kix“ von sich. Das klingt dem Ruf des größeren Buntspechts ähnlich, ist aber höher, leiser und weniger hart. 
Sowohl Männchen als auch Weibchen trommeln und rufen.
Die Bettelrufe der Jungvögel sind relativ leise und meist nur in den letzten zwei, drei Tagen vor dem Ausfliegen gut hörbar.

Streuobstwiese, typischer Kleinspechtlebensraum

Vorkommen

Der Kleinspecht ist kein Zugvogel, sondern ganzjährig in Deutschland zu finden. Im Winter schließt er sich oft Kleinvögeltrupps an, die er dann „anführt“.
Man findet ihn in ganz Europa und bis nach Japan und Nordwestafrika.
Doch er ist nirgendwo häufig: Auf der Roten Liste der Brutvögel Deutschlands wird er 2020 als gefährdet (Stufe 3) eingestuft. Der Brutbestand wird in Deutschland auf ca. 25.000 bis 41.000 Paare geschätzt. Weil er klein ist und versteckt lebt, ist es schwierig, diesen Heimlichtuer zu finden.